11. Marburger Bildungsfest

28.-29. Juni 2019

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Was verstehen wir unter "nachhaltiger Entwicklung"?

3 Dimensionen menschlich-gesellschaftlicher Zivilisierung

Wie in obiger Abbildung dargestellt, sehen wir die Notwendigkeit nach einem großen (globalen) Wandel. Spätestens seit der Veröffentlichung von "The Limits to Growth" des "Club of Rome" im Jahr 1972 ist bekannt, dass das Mantra des (ewigen) Wachstums ebenso sinnfrei wie zerstörerisch ist. Krisen - soziale, ökologische und ökonomische - sind an der Tagesordnung: (grenzenlose) Ausbeutung von Ressourcen, Menschen, Lebensräumen und -formen, der Rückgang der Biodiversität, der forcierte Klimawandel, Kriege und Wirtschaftskrisen bestimmen nicht nur die Medienwelt sondern ebenso die gesamte Welt. Zwischen Tschernobyl, Tsunamis, Weltwirtschaftskrisen, Bürgerkriegen, Taifunen, Konflikten um Wasser, Hunger, Fukushima, Flüchtlingsdramen, Gewaltausschreitungen, Ölkatastrophen, Verarmung, steigendem Meeresspiegel, sozialen Ungerechtigkeiten, Desertifikation und vielen weiteren Katastrophen verlieren Menschen Überblick, Mut und Handlungsfähigkeit.

Eine nachhaltige Entwicklung hat diese Probleme im Blick und beschreibt einen Weg. Dieser Weg wird mit kritisch-reflexivem Bewusstsein der eigenen Handlungen gegangen um gemeinsam eine gerechte Welt zu gestalten. Diese Entwicklung muss einerseits die Balance im Dreiklang von Sozialem, Ökologie und Ökonomie halten und andererseits den Dreiklang von Werte-, Lebensstil- und Struktur-Wandel synchronisieren.

Was verstehen wir unter "Bildung zur nachhaltigen Entwicklung (BnE)"?

Der einzelne Mensch agiert in dieser komplizierten Situation, die nicht zuletzt durch die Diskrepanz zwischen dem eigenen begrenzten Wirkungskreis und der globalen Bedeutung der Probleme an Komplexität gewinnt. Um in dieser Situation Überblick zu behalten, Mut zu fassen und Handlungsfähigkeit zu gewinnen, bedarf es eines starken Konzeptes.

In der BnE sehen wir ein solches Konzept, dass Menschen dazu befähigt aktiv an einer nachhaltigen Entwicklung beteiligt zu sein - lokal und ganz persönlich im eigenen Leben und zusammen mit anderen Menschen im größeren Rahmen. Dass genau dies nötig ist, zeigt sich ebenfalls in obiger Abbildung. Eine Gesellschaft kann nicht allein durch politische Entscheidungen auf den Weg in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung gebracht werden. Vielmehr ist dieser Weg als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, nicht zuletzt auch deshalb, weil gerade die Politik sich in der Vergangenheit als nicht besonders zielstrebig auf diesem Wege erwiesen hat. Damit sich jedoch möglichst viele Menschen auf diesen Weg begeben, dient die BnE als ein zentrales Instrument, dass unterschiedliche Menschen auf unterschiedlichen Ebenen erreichen kann.

Wer zentrale Erkenntnisse gewinnt, starke Motivation besitzt und positive Erfahrungen macht, die/der hat auch zentrale Kompetenzen erworben um aktiv den großen Wandel mitzugestalten.

Den großen Wandel gestalten lernen

Wir hoffen, dass das Bildungsfest allen Mitgestaltenden (≡ alle Besuchenden) in diesem Sinne eine Quelle von Mut, Motivation, Erkenntnissen und Erfahrungen ist. Damit  viele unterschiedliche Menschen angesprochen werden, hoffen wir auf die Beteiligung zahlreicher engagierter Menschen, die in den vergangenen Jahren das Bildungsfest stets zu einem bunten, vielfältigen und pulsierenden Ort gemacht haben.

Begleitet werden die vielen Menschen durch das interdisziplinäre Lehr-, Studien- und Forschungsprojekt "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" an der Universität Marburg. Durch dieses Projekt werden die (theoretischen) Inhalte aus der Universität hinaus in die Öffentlichkeit und die Praxis getragen. Das Bildungsfest bietet den Raum zur praktischen Umsetzung und Erprobung der eigenen Ideen und Visionen und schafft dabei zusätzlich einen Ort, an dem ein Austausch mit anderen (teilweise schon lange aktiven) Menschen und Gruppen stattfindet.

Wir sind davon überzeugt, dass alle Besuchenden des Bildungsfestes die Möglichkeit haben zentrale Gestaltungskompetenzen im Sinne der BnE zu stärken. Die Vielfalt der Projekte regt dazu an interdisziplinär zu denken und zu arbeiten und verschiedene Blickwinkel auf ein Phänomen einzunehmen. Gleichzeitig kann die Fülle der Möglichkeiten und der Kontakt mit anderen Aktiven die Motivation selbst aktiv zu bleiben/werden ebenso wie die Bereitschaft und Kompetenz zu Zusammenarbeit, Unterstützung und Kooperation fördern. Darüber hinaus regen viele Angebote dazu an, das eigene (Alltags-)Handeln zu hinterfragen und zu reflektieren.

Verknüpfung Seminare - Bildungfest

Die größte Stärke hinsichtlich einer BnE sehen wir in der engen Verknüpfung des Bildungsfestes mit dem interdisziplinären Lehr-, Studien- und Forschungsprojekt "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung". Wer durch den begleitende Besuch der Seminare wird nicht nur intensiv unterstützt sein Projekt zu entwickeln und durchzuführen, sondern erhält ebenso Hilfe dabei sich selbst und die persönlichen Ziele in diesem Prozess zu verorten: Wo stehe ich? Wo möchte ich hin? Was motiviert mich? Was sind die zentralen Leitbilder und Werte für mein Handeln?

Der typische Weg vieler Studierender, die das Bildungsfest mitgestalten, beginnt im Wintersemester mit dem Besuch der Seminare und Vorlesungen zu den Themen "Umweltbildung", "Politische Ökologie", "Naturpädagogik", "Globales Lernen". Diese Veranstaltungen bilden eine theoretische Grundlage und regen dazu an, sich einer Problemstellung aus verschiedenen Blickwinkeln/ Disziplinen zu nähern. Mit einer Stellungnahme zu den Inhalten der Veranstaltung vor dem Hintergrund des "Dreiecks der 3 Dimensionen menschlich-gesellschaftlicher Zivilisierung" wird der kritische Blick auf die eigenen Werte und das eigene Handeln geschult. Schließlich wird die Entwicklung einer Projektidee angeregt, die die eigene Motivation zur intensiven Beschäftigung mit einem selbst gewählten Teilaspekt fördert und eine langfristige Planung und sorgfältige Umsetzung vorbereitet.

Die anschließenden Projektseminare im Sommersemester greifen diese Projektideen auf, die in Kooperation mit anderen, detaillierter ausgearbeitet und umgesetzt werden. Hierbei werden Kompetenzen zur Partizipation, Kooperation (und Konfliktlösung) gestärkt. Eine begleitende Vortragsreihe zu Praxiskonzepten gibt einen Einblick in die Vielfalt erfolgreicher Projekte und zeigt welche weiteren Kooperationen (auch außerhalb der Uni) möglich sind. Nach der Umsetzung/ Präsentation des Projektes auf dem Bildungsfest folgt in den Seminaren eine kritische Selbstreflexion des Projektes. Im folgenden Wintersemester kann in einem weiteren Seminar ("Anthropologische Reflexionen") eine intensivere Beschäftigung mit der persönlichen Rolle und Position hinsichtlich der globalen Entwicklungen stattfinden. Hier wird eine Brücke von der Gestaltung einzelner Projekte zur Gestaltung der eigenen Lebensentwürfe geschlagen.